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Deutschland gilt gemeinhin als rohstoffarmes Land, das einen Großteil der Rohstoffe auf den Märkten der Welt einkaufen muss. Gleichzeitig werden Jahr für Jahr rund 20 Millionen Tonnen Abfälle thermisch verwertet. Im besten Fall werden dabei Wärme und Strom erzeugt. Die Rohstoffe aber gehen durch Verbrennung unwiederbringlich verloren. Da ist mehr drin. Da müssen wir mehr herausholen.
Immer noch landen gut 40 Prozent des Siedlungsabfalls in der Verbrennung, obwohl das 2012 vom Deutschen Bundestag beschlossene Kreislaufwirtschaftsgesetz der stofflichen Verwertung in der fünfstufigen Abfallhierarchie einen eindeutigen Vorrang vor der Verbrennung einräumt. Möglich ist dies, weil Überkapazitäten bei den Müllverbrennungsanlagen die Verbrennungspreise ins Bodenlose fallen lassen und so viele Bemühungen für eine sinnvolle stoffliche Verwertung ersticken.
Dabei ist es im vitalen Interesse unseres Landes, dass diese wertvollen Rohstoffe aufbereitet und wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zu einer sicheren, stabilen und kostengünstigen Rohstoffversorgung unserer produzierenden Industrie. Was im Energiebereich gilt, nämlich von einer ressourcenverbrauchenden zu einer ressourcenschonenden Wirtschaftsweise zu kommen, hat für die Rohstoffversorgung unseres Industrielandes mindestens eine genauso große Bedeutung.
„Die Erfassung der Abfälle ist nur die eine Seite der Medaille. Sie bekommt nur dann einen Wert, wenn auf ihrer anderen Seite auch die Verwertung der Rohstoffe gelingt.“
Rainer Deppe, Abgeordneter des Landtags Nordrhein-Westfalen, Sprecher der CDU für Klimaschutz, Umwelt und Naturschutz
Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz schreibt nun erstmals auf Bundesebene die verpflichtende getrennte Sammlung von Bio-, Papier-, Metall-, Kunststoff- und Glasabfällen vor. Diese muss laut Gesetz spätestens bis zum 1. Januar 2015 eingeführt sein. Die Erfassung der Abfälle – besser würden wir von Rohstoffen sprechen – ist aber nur die eine Seite der Medaille. Diese bekommt nur dann einen Wert, wenn auf ihrer anderen Seite auch die Verwertung der Rohstoffe tatsächlich gelingt. Es kommt also ganz entscheidend darauf an, was mit den sortierten Rohstoffen geschieht.
Dies bleibt aber zu oft unklar. Während der Input in stoffliche Verwertungsanlagen ziemlich genau erfasst wird, bleibt der Output zu häufig im Dunkeln. Ob die erfassten Rohstoffe über die stoffliche Verwertung den Weg in einen weiteren Nutzungszyklus finden oder über den Umweg als Ersatzbrennstoff allenfalls einmalig ihren Heizwert abliefern, wird nicht erfasst. Eine zukunftsorientierte Kreislaufwirtschaft kann sich nicht damit zufriedengeben, die erfassten Mengen der verschiedenen Abfallrohstoffe zu dokumentieren. Der Erfolg kann sich nur an ihrer tatsächlichen Wiederverwertung bemessen.
Zwar gibt das Kreislaufwirtschaftsgesetz den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern auf, Abfallbilanzen aufzustellen und Verwertungsquoten zu ermitteln. Dennoch bleiben die Verwertungswege allzu häufig im Unklaren. Was fehlt, ist ein Berechnungssystem, mit dem die Recyclingquoten einheitlich ermittelt und somit vergleichbar werden. Hier sollte das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen mutig vorangehen, indem das Land ein einheitliches und verbindliches Benchmarking entwickelt.
„Ein hoher Anteil der stofflichen Verwertung ist durchaus im ureigenen deutschen Interesse. Der Ausbau der Recyclingwirtschaft wird zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.“
Ein transparentes Bilanzierungssystem würde Erfolge und natürlich auch Schwächen, aber gleichzeitig auch die große Dynamik bei der stofflichen Verwertung erkennbar machen. Wir sind fest davon überzeugt: Ein solches Benchmarking wird sehr schnell Impulse für ein hochwertiges Recycling auslösen.
Spätestens ab 2020 sollen 65 Prozent der Siedlungsabfälle wiederverwertet werden. Angesichts der Tatsache, dass schon beim Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2012 ein Wiederverwertungsanteil von rund 64 Prozent erreicht wurde, würde ich mir für ein hochentwickeltes Industrieland ambitioniertere Ziele wünschen.
Ein hoher Anteil der stofflichen Verwertung ist durchaus im ureigenen deutschen Interesse. Nicht nur, dass ein geringerer Rohstoffimport Abhängigkeiten vermindert, der Ausbau der Recyclingwirtschaft wird zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Vor dem Hintergrund knapper und vor allem immer teurer werdender Rohstoffe hat McKinsey die Kreislaufwirtschaft sogar als eine der Zukunftsbranchen identifiziert. Für das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen sehen die Forscher sogar die Chance für 35.000 zusätzliche Jobs.
Bringen wir doch den Mut zu einem qualitativ und quantitativ hochwertigen Recycling auf. Wenn wir die gesamte Wertschöpfungskette von der Erfassung über die Stoffstromlenkung in die anschließenden Verwertungswege bis hin zu den Verwertungsanlagen auf die stoffliche Verwertung ausrichten, schonen wir nicht nur das Klima und wertvolle Ressourcen, sondern wir handeln im wohlverstandenen Eigeninteresse unseres Landes.