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„Die zwei sind meine Geheimwaffe“, sagt Dennis Koole. Er ist Projektleiter für REMONDIS am verbliebenen alten Opel-Werk in Bochum und platzt fast vor Stolz, dass er diese zwei Sortierer in seinem Team hat. Vor einigen Monaten hatte er allerdings noch gezögert, ob er sie überhaupt einstellen sollte, denn Marko Idzanovic (51) und Burhan Yorulmaz (28) sind gehörlos. Doch Koole gab ihnen eine Chance.
Marko und Burhan drücken in jeder ihrer Gesten größte Dankbarkeit aus. Markos Wunsch ist es sogar, bis zur Rente hier zu arbeiten, er möchte nie wieder etwas anderes machen. Der Liebe wegen kam er letztes Jahr nach Deutschland, vorher arbeitete er als Bauhelfer in Kroatien. Burhan möchte gerne einmal Pilot werden, aber das werde sicher schwer. Denn nicht einmal seinen Führerschein für den Gabelstapler kann er hier auf dem Werk nutzen. Die Gefahr sei einfach zu groß. Auch wenn er es sich selbst zutraut, die Gesellschaft bleibt skeptisch. Umso größere Verfechter der Digitalisierung sind die zwei. Technik, die vollautomatisch jedes gesprochene Wort in Schrift umwandelt, oder visuelle Fahrassistenten bringen ihnen die Normalität ein Stück näher. Das Handy ist deswegen ein Muss im Team – der Austausch mit den hörenden Kollegen findet ausschließlich am Display statt. Untereinander nutzen die beiden natürlich ihre eigene Sprache.
„Keiner arbeitet so schnell und fleißig, wie die beiden.”
Paul Gessner, Team-und Schichtleiter
Marko, der zuvor nur die kroatische Gebärdensprache beherrschte, lernte die deutsche Gebärdensprache in nur wenigen Wochen. Denn auch die Gebärdensprache ist in jedem Land anders. Die Zeichen für Abfall, eine Bewegung, die zeigt, dass etwas weggeworfen wird, sei allerdings in vielen Ländern ähnlich. Eine konkrete Geste für Recycling gebe es nicht. Die beiden nutzen dafür die Zeichen, die bedeuten, dass aus etwas Altem etwas Neues geschaffen wird. Damit haben sie den Kern ihrer Arbeit getroffen. Aus den 42 Tonnen Pappe, 20 Tonnen Holz, 4 Tonnen Folie, 12 Tonnen Metallschrott, aus dem ganzen Aluminium und den Kabeln, die sie jeden Monat sortieren, können neue Werkstoffe gewonnen und damit Ressourcen geschont werden, was zum Umweltschutz beiträgt. Je mehr, desto besser ist ihr Anspruch. Häuft sich auch nur die kleinste Menge an unsortiertem Material auf dem Hof, werden sie nervös. Diese Unordnung in ihrem Revier können sie nicht leiden.
„Keiner arbeitet so schnell und fleißig wie die beiden“, erzählt Team- und Schichtleiter Paul Gessner. Alle Kollegen haben sich die wichtigsten Zeichen der Gebärdensprache angeeignet, um sie bestmöglich im Team aufzunehmen. Aber auch menschlich seien Marko und Burhan eine echte Bereicherung. „Ihr Fleiß, ihre Selbstironie, ihre Achtsamkeit und vor allem ihre besondere Fähigkeit, Dinge genau zu beobachten – davon können wir hier alle lernen. Sie sind ein Vorbild für uns und ich werde sie nie wieder hergeben“, sagt Paul Gessner. Seine Augen funkeln dabei.