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Die Verabschiedung der 7. Novelle der Verpackungsverordnung seitens des Bundesrats Anfang Juli 2014 war gleichzeitig mit der Aufforderung an die Bundesregierung verknüpft, innerhalb eines halben Jahres einen Entwurf für das längst überfällige Wertstoffgesetz vorzulegen. Wenn Politik und Wirtschaft jetzt die richtigen Weichen stellen, kann Deutschland einen riesigen Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit, Rohstoffunabhängigkeit und einem drastisch verbesserten Klimaschutz machen. Das Potenzial ist vorhanden. REMONDIS appelliert an die politischen Entscheider, jetzt den großen Wurf zu wagen und Deutschland in eine umweltfreundlichere und ressourcenschonende Zukunft zu katapultieren.
Eines ist unbestritten: Die Rohstoffarmut in Deutschland und in der EU erfordert eine möglichst vollständige Nutzung der in den Siedlungsabfällen vorhandenen Wertstoffe und Energien. Doch davon ist das Land, das sich selbst gerne den Titel „Recyclingweltmeister“ gibt und eine internationale Vorbildfunktion genießt, noch weit entfernt. Wie weit, beweist eine aktuelle Studie der INFA GmbH im Auftrag der „Arbeitsgruppe Quoten“ der Gemeinschaftsinitiative GemIni. Ziel der Studie war es zum einen, ambitionierte Vorgaben für die getrennt zu erfassenden Wertstoffmengen zu erarbeiten, zum anderen, realistische Maximalquoten für das Recycling im Sinne einer echten stofflichen Verwertung zu ermitteln.
Die Studie der INFA GmbH zum Thema Erfassungsmengen und Recyclingquoten können Sie hier als PDF herunterladen
Die INFA-Studie weist Vorgaben für alle klassischen Wertstoffe aus: Altpapier, Glas, Bio- und Grünabfälle, Metalle, Kunststoffe, Getränkekartons und Altholz. Um ein realistisches Bild der Ist-Situation und der zukünftigen Erfassungs- und Recyclingpotenziale auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte zu erhalten, wurde zunächst die Siedlungsstruktur nach der Einwohnerdichte in fünf Cluster unterteilt. Da es im Sinne eines neuen Wertstoffgesetzes um den Ausbau der stofflichen Verwertung in Deutschland geht, wurde die Vorgabe einer einwohnerspezifischen Mindestmenge an Wertstoffen in Kilogramm pro Einwohner und Jahr strikt auf die getrennte Erfassung der Wertstoffe ausgerichtet. Darüber hinaus wurden Wertstoffe aus dem Sperrmüll, die heute bei der Sperrmüllsammlung separat abgefahren oder über eine Sperrmüllsortierung ausgeschleust werden, ebenfalls berücksichtigt.
„Wenn Deutschland es ernst meint mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit, dann brauchen wir ein Wertstoffgesetz mit deutlich ambitionierteren Erfassungs- und Recyclingquoten.“
Ludger Rethmann, Vorstandsvorsitzender REMONDIS
Es geht nicht um Abfall-Science-Fiction. Die Stärke der Studie ergibt sich aus der Tatsache, dass als Berechnungsgrundlage die derzeit bereits getrennt erfassten Wertstoffmengen sowie die bereits nachgewiesenen Wertstoffpotenziale ausgewertet wurden. Datenbasis sind bundesweite örE-Daten aus den Abfallbilanzen 2011 sowie die Daten aus Abfallsortieranalysen der vergangenen Jahre. Das Ergebnis ist ebenso beeindruckend wie ermutigend. Es wurden zwei Varianten erarbeitet, die bei der Umsetzung in einem neuen Wertstoffgesetz auch in zeitlicher Staffelung in Form eines Stufenmodells angesetzt werden könnten.
Das bestmögliche Szenario ist bei 25 % der öRe schon heute Realität.
Variante 1 basiert auf der derzeit in jedem Cluster tatsächlich erfassten durchschnittlichen Wertstoffmenge sowie dem noch im Restabfall vorhandenen Wertstoffpotenzial. Es wurde je Cluster eine zusätzlich abzuschöpfende Menge definiert und dem heutigen Mittelwert aufgeschlagen. Diese zusätzlich abschöpfbare Menge ist kein Fantasieprodukt. Sie wurde auf Basis einer definierten Maximalmenge im Restabfall sowie aus Anteilen aus dem Sperrmüll abgeleitet.
Variante 2 weist den Weg in die Champions League des Recyclings. Sie zeigt das wahre Potenzial im Sinne einer maximal möglichen Erfassungs- und Recyclingmenge auf. Der Clou: Als zukünftige Benchmark dienen die vorbildlichen Erfassungsmengen, die bereits heute von 25 Prozent der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch und gerade mit Hilfe der privatwirtschaftlichen Partner realisiert werden.
Ergänzend zu den Erfassungsmengen wurde ein maximaler Wertstoffgehalt im Restabfall definiert, der den Entsorgern und Verwertern als Orientierung für den Fall des Nicht-Erreichens der angestrebten Erfassungsmenge dienen kann. Auch dieser Wert orientiert sich am Wertstoffgehalt im Restabfall der jeweils 25 Prozent besten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eines jeden Clusters. Wenn also ein Viertel der Kommunen und kreisfreien Städte schon heute die ambitionierten Zielvorgaben erreicht, kann niemand ernsthaft behaupten, dass es nicht möglich ist. Das neue Wertstoffgesetz könnte im Idealfall Vorgabe und Ansporn für die verbleibenden 75 Prozent sein, mit ihren Nachhaltigkeitsbemühungen nachzuziehen. Damit wäre der Weg in eine echte Recyclinggesellschaft geebnet. Ein Blick auf die Mengenpotenziale der einzelnen Stofffraktionen gemäß INFA-Studie zeigt die erstaunlichen Dimensionen auf:
Ohne den politischen Willen zu deutlich höheren Quoten bewegt sich nichts.
Selbst, wenn man sonstige Einflüsse wie Demografie- und Konsumentwicklung außer Acht lässt, kann bei Erreichung der Vorgaben durch alle Kommunen und kreisfreien Städte insgesamt eine Steigerung der getrennt erfassten Wertstoffmenge um 5,6 Millionen Tonnen oder 70 Kilogramm pro Einwohner pro Jahr bei Variante 1 und sogar 7,8 Millionen Tonnen oder 95 Kilogramm pro Einwohner pro Jahr bei Variante 2 erreicht werden.
Als Deutschlands größtes Unternehmen für Recycling, Wasser und Service zeigt REMONDIS bereits heute in seinen Anlagen, dass eine effiziente Aufbereitung und Verwertung der getrennt erfassten Wertstoffe technische Realität ist. Bis zu 30 Millionen Tonnen erfasst, sortiert und verarbeitet das Lüner Familienunternehmen jährlich. Überhaupt spielt die private Recyclingwirtschaft eine entscheidende Rolle bei der Realisierung der ambitionierten Ziele. Mit rund 95 Prozent wird der überwiegende Teil der Abfälle von privaten Unternehmen erfasst. Bei Aufbereitung und Sortierung liegt der privatwirtschaftliche Anteil sogar bei circa 98 Prozent, während rund 85 Prozent der stofflichen Verwertung in der Obhut der Privaten liegt.
Leider ist die aktuelle Diskussion im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens über das Wertstoffgesetz fast ausschließlich von einer Zuständigkeitsdiskussion geprägt. Schlimmer noch: Signale aus Berlin deuten darauf hin, dass sich die politische Vision eines Wertstoffgesetzes lediglich auf 1,5 Prozent der gesamten Haushaltsabfälle reduziert, nämlich auf die sogenannten „stoffgleichen Nichtverpackungen“. Im Idealfall wären das gerade einmal 5 Kilogramm an zusätzlich erfassten Wertstoffen pro Einwohner pro Jahr. Kein Vergleich zum tatsächlichen Wertstoffpotenzial von 95 Kilogramm. Obendrein ist noch fraglich, ob sich durch die Erfassung stoff-gleicher Nichtverpackungen überhaupt zusätzliche 5 Kilogramm einsammeln ließen. Die tägliche Erfahrung der mit der Entsorgung beauftragten Unternehmen zeigt eher, dass sich die fragliche Menge ohnehin bereits in Form von intelligenten Fehlwürfen in der Gelben Tonne befindet. Doch statt ambitionierte Verwertungsziele zum Leitmotiv der neuen Gesetz-gebung zu machen, deutet alles darauf hin, dass sich die Politik lediglich auf die Frage der Sammelsysteme beschränkt. Ein großer Wurf sähe anders aus.
Die Zukunft der dualen Systeme muss zwingend Teil des Gesamtpakets „Wertstofferfassung in Deutschland“ sein. REMONDIS hat sich angesichts der Krise der dualen Systematik (siehe auch Aktuelles 2) der „GemIni – Gemeinschaftsinitiative zur Abschaffung der dualen Systeme“ angeschlossen, die von verschiedenen kommunalen und privaten Entsorgungs- und Recyclingunternehmen getragen wird. REMONDIS geht es darum, zu einer Realisierung der
Potenziale im haushaltsnahen Abfall zu kommen und sich nicht an der alten und langweiligen Frage
abzuarbeiten: Wer soll es machen – privat oder kommunal?
Fairer Wettbewerb zwischen kommunalen und privaten Dienstleistern bleibt unbedingte Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg.
Für ein Privatunternehmen wie REMONDIS ist das ein bedeutender Schritt, gibt man doch ordnungspolitische Grundpositionen zugunsten von Mengensteigerungen auf. Mit einer kommunalen Ausschreibungshoheit ließe sich derweil gut leben, solange die Vergabe aller Leistungen, die der Bürger erhält, im fairen Wettbewerb verbindlich vorgeschrieben wäre und die Privatwirtschaft nicht über die sogenannte Inhouse-Vergabe aus dem Markt gedrängt werden würde.
Herwart Wilms im Video-Interview zum neuen Wertstoffgesetz
Schon mit dem aktuellen Kreislaufwirtschaftsgesetz wurden keine nennenswerten zusätzlichen Anreize zur vollständigen, umweltverträglichen und hochwertigen Verwertung aller Siedlungsabfälle geschaffen. Wenn dieser Fehler nicht wiederholt werden soll, muss das Wertstoffgesetz über neue Wege in der Abfallwirtschaft jetzt den Rahmen zur Steigerung der Rohstoffeffizienz und zum hochwertigen Recycling der im Siedlungsabfall enthaltenen Wertstoffe schaffen und so neue Wertschöpfungsmöglichkeiten eröffnen. REMONDIS setzt sich mit aller Kraft dafür ein, in Zukunft das wahre Potenzial der Rohstoffquelle Abfall zu heben.