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Mittelständische Unternehmen sind das Fundament der deutschen Wirtschaft. Über 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind Mittelständler. Sie erwirtschaften mehr als die Hälfte der Wertschöpfung, stellen fast 60 Prozent aller Arbeitsplätze und rund 82 Prozent der betrieblichen Ausbildungsplätze bereit. Seinen fortgesetzten wirtschaftlichen Erfolg hat Deutschland also vor allem dem Mittelstand zu verdanken. Doch dieser Erfolg ist in einigen Bereichen bedroht, denn es ist was faul im Staat. Während private Unternehmen selbstverständlich der Umsatzsteuerpflicht unterliegen und diese in ihrer Kalkulation berücksichtigen müssen, bieten einige steuerlich privilegierte, staatliche Unternehmen immer mehr Leistungen in Konkurrenz zu Privatunternehmen an und verdrängen damit die effizienten Leistungsträger der privaten Wirtschaft. Durch die Umsatzsteuerbefreiung können die Kommunalen ihren Kunden bis zu 19 Prozent günstigere Preise für die gleiche Leistung anbieten. Mit fairem Wettbewerb hat das nichts mehr zu tun. Privatwirtschaftliche Arbeitsplätze sind bedroht, kommunalen Haushalten fehlen die Einnahmen.
Es trifft vor allem die privaten Abfall- und Recyclingunternehmen. Kommunen, die eigene Betriebe der Abfallwirtschaft gegründet haben, können diese Betriebe in Deutschland so organisieren, dass sie keine Umsatzsteuer zahlen müssen – ein enormer Kostenvorteil gegenüber Unternehmen der privaten Wirtschaft. Die in Deutschland vom Bundesfinanzministerium geschützte Praxis verstößt laut Professor Dr. Roman Seer vom Institut für Steuerrecht und Steuervollzug der Ruhr-Universität Bochum gegen geltendes Recht – auf Kosten der kommunalen Haushalte und damit der Gebührenzahler.
„Der Verbraucher verliert durch die Monopolstellung kommunaler Betriebe seine Kostenkontrolle.”
Peter Kurth, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. (BDE)
„Die Sonderstellung führt zum einen zu größeren Wettbewerbsverzerrungen zugunsten kommunaler Betriebe und zum anderen werden die Bürger für die gleiche Leistung bundesweit unterschiedlich belastet“, sagt Professor Seer. Er hat für den BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. eine von der REMONDIS Assets & Services GmbH & Co. KG finanzierte gutachterliche Stellungnahme zu diesem Thema erarbeitet. Bürger, deren Kommunen die Abfallwirtschaft privat organisieren, müssen Umsatzsteuer zahlen. Bürger, deren Kommunen die Abfallwirtschaft durch eigene Betriebe organisieren, müssen dagegen keine Steuern zahlen. „Die Milch zum Beispiel wird ja auch überall gleich besteuert, egal ob der Verbraucher sie im Supermarkt oder beim Bauern kauft“, sagt der Steuerexperte.
Das kommunale Mehrwertsteuerprivileg bedroht den Mittelstand und belastet die Gebührenzahler.
Die Umsatzsteuer ist eine indirekte Verbrauchssteuer, die den Konsum des Endverbrauchers besteuern soll. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob die Leistungen für den Verbraucher von einem kommunalen Betrieb oder von einer Gesellschaft der Privatwirtschaft angeboten werden. Eine Steuerfreiheit von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen kommt nur in ganz speziellen Bereichen in Betracht, und das auch nur, wenn keine größeren Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privaten Anbietern zu befürchten sind. „Diese Voraussetzungen aber sind im Bereich der Abfallwirtschaft eindeutig nicht gegeben“, so der Gutachter.
Sammlung von Rest- und Bioabfällen: Marktanteile nach der Art der Leistungserbringer
Quelle: BDE
Das Bundesfinanzministerium hält allerdings auch nach der Neuregelung des § 2b des Umsatzsteuergesetzes an der Privilegierung kommunaler Betriebe fest, wie es in einem Schreiben vom 16. Dezember 2016 klargestellt hat. Dieses Steuerprivileg gilt nicht nur für kommunale Betriebe in der Abfallwirtschaft. Es benachteiligt auch zahlreiche weitere private Dienstleistungsunternehmen für den öffentlichen Sektor – von der Energiewirtschaft über den Landschaftsgartenbau bis hin zur Informationstechnologie. Mit dieser Auffassung widersetzt sich das Ministerium weiterhin eindeutig der Aufforderung der Europäischen Kommission, nach der die Bundesrepublik Deutschland auch in diesen Bereichen für eine Wettbewerbsgleichheit sorgen muss. In Deutschland ist seit vielen Jahren ein deutlicher Trend zur Rekommunalisierung zu verzeichnen. Immer öfter gründen Kommunen eigene Betriebe, mit denen sie verschiedene Dienstleistungen erbringen. Das Mehrwertsteuerprivileg muss dazu oft als Argument herhalten. Am Ende werden die Leistungen dauerhaft dem Markt entzogen. Durch die Umsatzsteuerbefreiung dieser Betriebe entstehen kommunale Monopole auf Kosten der Privatwirtschaft und der Verbraucher.
Am 29. Mai wurde das Gutachten in Berlin im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. V. l. n. r.: Bernhard Schodrowski, Pressesprecher BDE, Peter Kurth, BDE-Präsident, und Mike Mohring, Landesvorsitzender der CDU Thüringen und Vorsitzender der Konferenz der finanzpolitischen Sprecher aller Bundesländer
Für Mike Mohring, Landesvorsitzender der CDU Thüringen und Vorsitzender der Konferenz der finanzpolitischen Sprecher aller Bundesländer, ist diese Entwicklung fatal. „Unsere Gesellschaft ist durch die soziale Marktwirtschaft sehr erfolgreich. Es kann nicht sein, dass wir in Bereichen wie der Abfallentsorgung und anderen Branchen auf sozialistische Strukturen setzen und glauben, dass der Staat alles besser kann“, sagt Mohring. „Das kann er nicht und das ist auch nicht seine Aufgabe.“ Aufgabe des Staates sei es dagegen, für einen fairen Wettbewerb zu sorgen. „Der Verbraucher verliert durch die Monopolstellung kommunaler Betriebe seine Kostenkontrolle“, erklärt Peter Kurth, Präsident des BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. Im Wettbewerb hatte er diese noch, denn den günstigsten Preis für die Leistung erhält er nur dann, wenn er zwischen Angeboten verschiedener Unternehmen wählen kann. „Wir möchten uns im fairen Wettbewerb mit den kommunalen Betrieben messen – Grundvoraussetzung dafür ist eine gleiche Steuerbelastung von öffentlichen und privaten Anbietern. Möge der bessere dann im Sinne der Bürger gewinnen“, sagt Kurth.
Die gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Roman Seer können Sie hier als PDF herunterladen