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Hussein Jaza setzt den ersten Fuß auf das neun Meter lange Schlauchboot, das ihn und 59 andere Flüchtende von der Türkei über das Mittelmeer bis nach Griechenland bringen soll. Er hat Angst, denn er weiß genau, dass die zwei Boote, die gestern diese Route wählten, nie an ihrem Zielhafen ankamen.
Mit nur einem Gepäckstück floh er vom Iran über die Türkei und Griechenland bis nach Deutschland. Heute schleppt der 21-Jährige mindestens vier Tonnen Kleidung pro Tag, damit sie anderswo wieder getragen werden kann
Seit er klein ist, möchte Hussein Medizin studieren. Allein dafür habe er sein Abitur im Iran gemacht. Als Syrer, der im Iran lebt, ist es ihm allerdings grundsätzlich verboten, einen medizinischen Beruf dort zu erlernen. Hussein denkt lange über ein Visum für ein Studium im Ausland nach, das aber viele Bedingungen stellt, die er vom Iran aus nicht erfüllen kann. In seine zerstörte syrische Heimat kann er ohnehin nicht zurückkehren. Am Ende wurde die Situation so unerträglich, dass nur die Flucht als letzte Option für eine bessere und sicherere Zukunft blieb. Am 9. Dezember 2015 zog er los, nur vier Tage später erreichte er Deutschland.
Hussein arbeitet heute bei der RE Textil Deutschland GmbH in Polch, einer hundertprozentigen REMONDIS-Tochtergesellschaft. Er bewegt am Tag mindestens vier Tonnen Altkleider. Die sortierte Kleidung, ob T-Shirts, Hosen oder Hemden, verpackt er in große, 25 Kilogramm schwere Säcke, näht sie zu und hebt sie im Akkord auf die Transportwagen. Durch den extremen Konsumboom gibt es in Deutschland ein sehr hohes Auf kommen an Alttextilien. Einige dieser Säcke finden von Polch aus den Weg in Secondhandläden. Für den Großteil der Kleidung ist der Markt in Deutschland allerdings nicht geeignet. Das Material geht in Schwellen- und Entwicklungsländer als bezahlbare Kleidung für die Menschen dort. Mit seiner Arbeit leistet Hussein allerdings auch einen beachtlichen Beitrag zum Ressourcen- und Umweltschutz. Allein für die Herstellung eines T-Shirts werden im Schnitt knapp 2.500 Liter Wasser verbraucht. Rechnet man alleine Husseins Leistung zusammen, schont er damit bereits 40 Millionen Liter Wasser am Tag.
Wasser würden benötigt, um die Kleidung, die Hussein täglich umschlägt, neu herzustellen
Zusätzlich zahlt auch die Schonung von Landschaften durch die reduzierte Menge an Baumwolle auf sein grünes Konto ein. Husseins persönlicher ökologischer Fuß abdruck dürfte damit wohl vorbildlich sein. Er grinst verlegen. Das war ihm nicht bewusst, denn in erster Linie möchte er mit dieser Arbeit sein späteres Studium finanzieren. „Legitim, aber auch seine Willensstärke ist eine echte Bereicherung für uns. Er arbeitet sehr fokussiert und ist top-organisiert“, erzählt Manfred Frey, kaufmännischer Leiter bei RE Textil Deutschland. Am liebsten möchte er in Hamburg oder Heidelberg studieren, aber bis dahin hat er noch einen weiten Weg vor sich. Zunächst muss er das Sprachniveau B2 erreichen, erst dann darf er an der Uni einen Vorbereitungskurs machen, der ihm die Chance auf ein Medizinstudium gibt. Hussein würde gerne in Deutschland bleiben und hofft auf eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Seine guten Sprachkenntnisse und der sichere Arbeitsplatz bei RE Textil geben ihm Hoffnung und Perspektive. Der Nachhaltigkeitsbeitrag, den er mit seiner fleißigen Arbeit bei RE Textil erbringt, ist jetzt schon unschlagbar.