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Es war eine logistische und technische Meisterleistung. Alles musste passen, vom Wasserstand der Elbe beim Transport per Schiff bis zur Windgeschwindigkeit im Lippewerk beim Austausch des Kessels über das 40 Meter hohe Dach des Wirbelschichtkraftwerks. Alleine der dafür benötigte Spezialkran musste in 42 Trucks aus München angeliefert werden. Dass am Ende alles nahezu reibungslos funktioniert hat, ist vor allem der perfekten Planung und der Erfahrung aller beteiligten Mitarbeiter zu verdanken.
Nach 35 Jahren Betriebszeit musste ein Teil des Abhitzekessels der Wirbelbettfeuerungsanlage von REMONDIS ausgewechselt werden. Hierfür wurden im Rahmen der planmäßigen Revision zwischen dem 24. September und dem 12. Oktober 2015 sämtliche Membranwände mit insgesamt drei Wärmetauscherbündeln ausgewechselt. Was sich so einfach anhört, ähnelt in Wahrheit einer Operation am offenen Herzen einer Industrieanlage mit Gewichten von über 100 Tonnen.
Über die Elbe, den Mittellandkanal, den Dortmund-Ems-Kanal und den Datteln-Hamm-Kanal wurde das Ersatzteil bis zum Stadthafen Lünen transportiert.
Schon der Transport war eine logistische Herausforderung. Den Auftakt bildete der Straßentransport vom Kesselhersteller in Hohenthurm nach Aken an der Elbe in Sachsen-Anhalt. Der Weitertransport erfolgte per Schiff auf der Elbe, deren Wasserstand für den Weitertransport des 100 Tonnen schweren Kessels von entscheidender Bedeutung war. Über Magdeburg ging es über das Wasserstraßennetz bis zum Stadthafen Lünen, wo auf ein Spezialfahrzeug umgeladen wurde. Alleine für die letzte Etappe vom Stadthafen Lünen zum Lippewerk, eine Strecke von gerade einmal drei Kilometern, benötigte das Gespann rund zwei Stunden.
Für die Errichtung des 650 Tonnen Spezialkrans an der Baustelle war bereits im Vorfeld eine Machbarkeitsstudie erstellt worden. Nach Abschluss umfangreicher Vorplanungen wurde im Winter 2014/2015 das Konzept des Komplettaustausches beauftragt. Der hohe Grad an Vorfertigung bringt gegenüber einer kompletten Montage vor Ort in dem engen Stahlbau der WBF-Anlage eine deutlich kürzere Stillstandszeit. Dadurch steht das Kraftwerk seinen Kunden für die thermische Verwertung der Abfälle wesentlich schneller wieder zur Verfügung. Zusätzlich werden erhebliche Erdgasmengen eingespart, die sonst für die Prozessdampferzeugung durch Hilfskessel eingesetzt werden müssten, da das Kraftwerk die Dampfversorgung im Lippewerk rund um die Uhr an 365 Tagen pro Jahr gewährleistet.
Nach Herunterheben des markanten, weithin sichtbaren Rauchgasbogens, der als Nachverbrennungszone fungiert, wurde der alte Kessel aus dem Stahlkorsett herausgehoben und durch einen komplett vorgefertigten neuen Kessel ersetzt.
Innerhalb von nur 15 Arbeitstagen und mit bis zu 60 Monteuren pro Tag wurde der Kessel dann getauscht. Die zahlreichen Verbindungsrohre, die zunächst abgeschnitten werden mussten, wurden nach Einsetzen des Kessels wieder angeschweißt. Das Konzept, den Kessel mit dem Ziel einer möglichst hohen Vorfertigung und einer möglichst geringen Einbauzeit als Ganzes zu tauschen, entstammt einer alteingesessenen Firma in Sachsen Anhalt, der Fa. Doosan Babcock Hohenthurm in Landsberg bei Halle.
Am Mittwoch, dem 30. September wurde mit den Kranzügen begonnen. Bereits 4 Tage später, am Tag der deutschen Einheit, abends um 22.00 Uhr war der neue Kessel fertig eingesetzt. Mit insgesamt ca. 14.000 Metern Rohr, mehreren Tausend Schweißnähten und ca. 100 Tonnen Gesamtgewicht ist dieser Kesselteil das Herzstück der Dampferzeugung innerhalb der WbF Anlage. Auf die nächsten 35 Jahre!