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Leichtbau ist als Querschnittstechnologie ein innovativer Motor in vielen Branchen, insbesondere im Automobilbau. Der Einsatz von Verbundstoffen dient der Produktion hochwertiger Bauteile, die vor allem durch ihre Leichtigkeit überzeugen. Die unumstritten positiven Folgen schlagen sich in einem geringeren Kraftstoffverbrauch sowie einem geringeren CO2-Ausstoß nieder. So weit, so gut. Wie sich die eingesetzten Faserverbundwerkstoffe oder Kunststoff-Metall-Hybride nach Ablauf ihrer Lebensdauer im Automobil dann tatsächlich auch recyceln lassen, darüber haben wir mit Dr. Ansgar Fendel, Geschäftsführer REMONDIS Assets & Services, gesprochen.
Dr. Ansgar Fendel, Geschäftsführer REMONDIS Assets & Services
Interview
Dr. Fendel: Das ist eine interessante Frage und sie lässt sich schwer pauschal beantworten. Tatsache ist, dass wir in der Recyclingbranche Fahrzeuge in den unterschiedlichsten Bauweisen erhalten, deren Baujahre zum Teil Dekaden auseinanderliegen. Jedes Fahrzeug für sich hat wiederum seinen ganz eigenen Werkstoffmix. Das Problem ist: Wir bekommen die Fahrzeuge nicht nach Modellen sortiert, sondern als einziges Gemenge.
Dr. Fendel: Richtig, und so ist es auch im industriellen Recycling. Es ist einfach nicht wirtschaftlich, die unterschiedlichen Materialien in ihren stark schwankenden Konzentrationen aus den verschrotteten Autos wiederzugewinnen.
Dr. Fendel: So ist es. Haben Sie Kinder? – Dann kennen Sie das Phänomen, dass alles der Unordnung entgegenstrebt. Ordnung zu schaffen, erfordert wiederum Energie. Genauso verhält es sich bei der Entsorgung von Fahrzeugen. Die Entropie setzt uns die natürliche Grenze für das Recycling.
Dr. Fendel: Möglich ist das schon, Endlosfasern lassen sich jedoch nicht wirtschaftlich recyceln. Im klassischen Recycling haben Sie es am Anfang mit einem Stoffgemenge zu tun, das einem Aufschlussverfahren zugeführt wird. Das Material wird geschreddert, anschließend mittels Magneten getrennt, nach Farben sortiert und so weiter. Da bleiben keine Endlosfasern übrig.
Dr. Ansgar Fendel, Geschäftsführer REMONDIS Assets & Services
Dr. Fendel: Der Leichtbau führt uns an Begrenzungen, die wir im Moment nicht zufriedenstellend überwinden können. Vom Grünen Punkt zum Beispiel wissen wir, dass die Kunststoffe zu weit über 90 Prozent sortenrein vorliegen müssen, um sie recyceln zu können. In der Fraktion finden sich neben Kunststoffen jedoch auch Schäume, Holz, Metallreste oder Stahl-Aluminium-Verbindungen, die sich nicht mehr ohne Weiteres voneinander trennen lassen. Kurzum: Realistisch recyclingfähig sind Verbundwerkstoffe eigentlich nur dann, wenn sie als große Teile vorliegen, die leicht zu sortieren sind. Aber so etwas zu verlangen, wäre wohl etwas weltfremd.
Dr. Fendel: Da widerspreche ich. Wir arbeiten an interessanten Verfahren, mit der zunehmenden Heterogenität in den Abfallströmen umzugehen. Ein Ansatz ist zum Beispiel, Werkstoffe bis auf die atomare Ebene aufzutrennen, um sie dann sortenrein wieder als Rohstoffe anbieten zu können. Oder nehmen Sie Metalle: Metalle können wir bereits legierungsspezifisch sortieren.
Dr. Fendel: Auch da müssen wir uns Sorgen machen. Glasfaserverstärkte Kunststoffe gibt es schon lange, und dennoch ist mir bis heute kein Verfahren bekannt, über das sich GFK recyceln lassen. Das gibt einem zu denken angesichts der vielen Rotorblätter, die in den kommenden Jahren an Windenergieanlagen ersetzt werden.
Dr. Fendel: Ja klar. Wir können diese Recyclingquote auf Dauer nicht mehr erfüllen. Ein Problem steckt aber schon in der Formulierung der Richtlinie. Da ist davon die Rede, dass die Recyclingfähigkeit nachweisbar sein muss, aber nicht, ob das Recycling am Ende faktisch möglich ist.
Dr. Fendel: Die Funktionsintegration trifft uns überall. Sie führt zu noch heterogenerem Material und zu Miniaturisierung, das heißt, die unterschiedlichsten Werkstoffe konzentrieren sich auf engstem Raum. Teilweise haben wir es mit solch kompakten Bauweisen zu tun, dass wir die Verbindungen schon gar nicht mehr erkennen können. Die Automobilindustrie nimmt das Problem aber zum Glück mittlerweile sehr ernst. Wenn man ein gemeinsames Ziel vor Augen hat, ist die Erreichung dessen ja grundsätzlich leichter.